Wirtschaftsgeographien der Berggebiete

Fallstudien

Die Fallstudien des Forschungsprojekts sind in Gemeinden im Schweizer Berggebiet gemäss der statistischen Definition (Bundesamt für Statistik 2019) zu verorten. Um einen möglichst differenzierten Blick zu gewinnen, haben wir heterogene Gemeinden ausgewählt, die sich insbesondere in ihrer wirtschaftlichen Struktur, aber auch Bevölkerungszusammensetzung unterscheiden. Das zeigt sich insbesondere am Anteil des Tourismus, aber auch der Bevölkerungszusammensetzung, die stark in Bezug auf den Anteil an Zweitwohnungsbesitzer:innen variiert. 

Linthal (1.000 Einwohner:innen) befindet sich im südlichsten Teil des Kantons Glarus. Der Ort hat, wie andere Glarner Gemeinden auch, eine starke Tradition in der Textilindustrie und war bis 1998 für seine Spinnerei bekannt. Der Niedergang der Textilindustrie ist in dem teilweise leerstehenden und umgenutzten Industriegelände, das früher eine Baumwollspinnerei war, deutlich sichtbar. Der heutige Besitzer des Industrieareals entwickelte Ideen für ein multifunktionales Projekt, den sogenannten Linthpark Glarus Süd. Der Linthpark vereint ein bereits bestehendes Gesundheitszentrum, Flächen für Firmen, ein Wasserkraftwerk, ein Café und eine geplante Mehrgenerationenwohnanlage. Das Hauptziel für die Zukunft ist der Aufbau eines energieautarken Zentrums, das eine vielfältige Gruppe von Menschen aus den umliegenden Agglomerationen anzieht.

La Punt Chamues-ch (700 Einwohner:innen) liegt im Kanton Graubünden und ist für seine touristischen Möglichkeiten im Winter und Sommer bekannt. Die Organisation MiaEngiadina arbeitet an einem groß angelegten regionalen Infrastruktur-Investitionsprojekt, um die Digitalisierung in der Region zu verbessern (Bürgin & Mayer, 2020). Der Organisation ist es gelungen, öffentliche Mittel zu erhalten und Gemeinden wie La Punt Chamues-ch davon zu überzeugen, Co-Working-Spaces und digitale Infrastruktur (z. B. Breitband) zu entwickeln und bereitzustellen sowie Gesundheitsdienstleister, Bildungseinrichtungen und Unternehmen an die digitale Infrastruktur anzuschließen. MiaEngiadina ist auch die treibende Kraft bei der Entwicklung eines Innovationszentrums, des sogenannten Innhub La Punt. Die Idee hinter dem Innhub, das sich derzeit in der Planungsphase befindet, ist es, multifunktionale Möglichkeiten für Co-Kreation und Innovation zu schaffen.

Schluein (500 Einwohner:innen) liegt ebenfalls im Kanton Graubünden, aber im Vergleich zu La Punt in einer eher peripheren Gegend. Vor kurzem wurde der Verein Löwenberg gegründet, um das surselva impact lab zu entwickeln, ein Innovations- und Start-up-Zentrum, das nicht nur Unternehmen beherbergt, sondern auch Räume für Künstler und Anwohner umfasst. Das Zentrum wurde in einem historischen Gebäude eingerichtet, und die Initiatoren erhielten Unterstützung von der lokalen Gemeinschaft. Mit den multifunktionalen Eigenschaften des Projekts (z. B. Co-Working, Finanzierung von Start-ups, Wohnen, Künstler) soll eine Plattform geschaffen werden, um Lösungen für aktuelle Herausforderungen in Berggebieten zu entwickeln.